Fastenhaus Büsumer Deichhausen

Reiseeindrücke

  Foto

„Warum“ fragt mich der Blick der alten Frau, „warum gehst du da einfach nur so hoch?“ Ich weiß es auch nicht. In 4800 m Höhe liegt der Pass vor mir und der Weg windet sich zwischen Steinen, kargen Sträuchern und hämisch grinsenden Murmeltieren.
Gehe ich wirklich einfach nur so hoch? Einen Fuß vor dem anderen quäle ich mich hoch, die Luft wird dünner und die Beine schwerer. Nach jedem 10. Schritt bleibe ich stehen und ringe nach Luft. Die jungen Scherpas passieren mich leichtfüßig mit ihren schweren Rucksäcken, in dem sich unser Mittagessen befindet. Der Pfad ist steinig, uneben, matschig, manchmal rutscht man aus, manchmal stolpert man, ab und zu geht es flott voran, aber meistens bekomme ich meine Betonfüße nicht hoch … und dann bin ich endlich doch am Pass. Der grandiose Ausblick belohnt die Mühen. Vor mir liegt ein Tal, wo es keine Straße, keinen elektrischen Strom und keinen Supermarkt gibt. Wir dringen in gewaltige Schluchten ein, weit muss ich meinen Kopf in den Nacken legen, um das Ende der Felsen zu sehen. Nach jedem 10. Schritt bleibe ich wieder stehen, dieses Mal aber nicht vor Erschöpfung, sondern vor Staunen. Ehrfürchtig, fasziniert betrachte ich die Felsen, die mit einer Farbigkeit in allen schimmernden Richtungen aufwarten. Ich kann mich gar nicht satt sehen und komme als letzte im Zeltlager an. In dem rauschenden Fluss bekommen meine armen Füße ihre wohlverdiente Erfrischung. Am 4. Tag haben wir die Hälfte geschafft und immer noch habe ich den Blick der alten Frau im Gedächtnis. „Warum gehst du diesen Weg?“ Die Antwort suche ich in den tiefen Schluchten, in dem eintönigen Durchlaufen von weiten Flussbetten, in der Einsamkeit, in dem mit sich allein sein. Viele Gedanken gehen durch meinen Kopf, viele Ideen nehmen Formen an. So ganz nebenbei wird mein Gang leichter, das Belastende bleibt zurück, wird immer unwichtiger … oder ist gedanklich verarbeitet worden. Bei jedem Anstieg bleibt mehr zurück. Die Beine werden zwar müder von der körperlichen Anstrengung, aber der Geist befreit sich immer mehr. 

Neun Tage wandern, unter erschwerten Bedingungen, anfangs stand dies wie ein unüberwindbarer Berg vor mir. Nun ragt der letzte Pass 5200m hoch vor mir, was passiert danach? Bei den letzten Schritten bleibt mir die Luft weg, leer ist mein Gehirn. Irgendwo ein schönes Gefühl: kein Druck, keine Erwartung … einfach nur innerer Frieden, fertig, kommentarlos.
Kommentarlos stehe ich auf dem Pass im Schnee, und neben mir ein Einheimischer, der von der anderen Seite gekommen ist, nun ins einsame Tal will und noch einmal die Möglichkeit nutzt und mit seinem Handy telefoniert … und mich so viel zu schnell wieder in die Zivilisation zurückholt. Auf dem Weg nach unten finde ich die Antwort auf den fragenden Blick der alten Frau. Ja, ich bin den Weg gegangen, den Weg der Anstrengung, den Weg, der inneren Schranken aufgebrochen hat, den Weg der Ideen, den Weg, der Klarheit in meinem Kopf geschaffen hat. Ich bin gelassener, mein innerer Frieden hat sich verstärkt, mein Glaube an mich hat sich gefestigt, der Selbstzweifel ist auf dem Pass geblieben. Ich bin vielleicht äußerlich farbloser, dreckiger, total staubig, aber innen gestärkt. Der Weg hat mir das Leuchten in den Augen wieder gegeben. Hier auf dem Weg habe ich meinen inneren Frieden wieder gefunden und mein Weg liegt deutlich vor mir. Ich würde diesen Weg noch einmal gehen, denn der Weg ist das Ziel.


Foto
Foto
w
Anti-Aging-Urlaub
Nordsee

Inge Nagel | ToWurth 8 | 25761 Büsumer Deichhausen | Telefon: 04834-6590 | E-Mail:

IngeNagel(_AT_)gmx.de

Anmeldung